Schlag auf Schlag demonstrierten in Berlin und in Paris Zehntausende von Landwirten gegen die in Brüssel verhängten Verbote und Vorschriften, die ihre Zukunft auf dem Altar der Umwelt opfern, sowie gegen die von der EU abgeschlossenen Freihandelsabkommen.
Am Dienstag, dem 26. und am Mittwoch, dem 27. November erhoben deutsche und französische Bauern nacheinander ihre Stimme auf der Strasse. Auf beiden Seiten des Rheins sind Erbitterung, Verzweiflung, und die daraus resultierenden Forderungen sehr ähnlich. Zumal in vielen Fällen die Ursachen für die Entscheidungen auf der Ebene der Europäischen Union liegen.
Ist der Bauer ruiniert, wird dein Essen importiert
In Berlin trafen sich 40 000 Bauern – so die Polizei – auf dem Potsdamer Platz. Diese kamen, um ihrem Ärger Ausdruck zu verleihen und dem Gefühl, dass ihnen ihre Zukunft gestohlen wird. Zu ihren Slogans gehörten: „Ist der Bauer ruiniert, wird dein Essen importiert“ sowie „Gemeinsam statt gegeneinander“. Die in Brüssel beschlossenen neuen Beschränkungen, Regeln und Verbote bedrohen einen Sektor, dessen Hauptaufgabe darin besteht, die Bevölkerung zu ernähren. Es sei denn, man akzeptiert, dass die Zukunft in einer ständig zunehmenden Globalisierung liegt: dem Import von Äpfeln aus Chile bis hin von Rindfleisch aus Argentinien.
Deutsche Landwirte hatten in jüngster Zeit bereits zweimal demonstriert: Die Ankündigung des « Insektenschutzplans » der Bundesregierung, der die Beschränkung oder Beseitigung von Chemikalien (Herbizide, Insektizide, Düngemittel…) vorsieht, hatte wie der Funken, der das Feuer entzündet, gewirkt: Ausserdem stellt der freie Warenverkehr die Landwirte des Landes jedoch in Konkurrenz zu Staaten, in denen es diese Art von Beschränkungen nicht gibt.
Der im September angekündigte Plan wurde umgesetzt, nachdem die EU-Kommission ein zweites Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet hatte: Berlin wurde aufgefordert, den Nitratgehalt im Grundwasser zu senken.
Grundsätzlich steigt der Druck der umweltpolitischen Lobbys, den « Naturschutz » zum höchsten Wert zu machen so weit, dass Bauern das Ziel von Anschuldigungen und Racheakten aus bestimmten Meinungsbereichen werden– oft aus den wohlhabenden Schichten in Großstädten (aber nicht aus den Arbeitervierteln).
Eine vergleichbare Situation in Frankreich
Vergleichbar ist die Lage in Frankreich, wo sich die Landwirte immer mehr wie Sündenböcke behandelt fühlen. In Wirklichkeit sind es aber die Mainstream-Medien, die immer wieder die Gesellschaften auf beiden Seiten des Rheins beschreiben, als befänden diese sich, wie von einer grünen Welle getragen, in einer höheren Sphäre. Nichts dürfte dieser „grünen“ Stimmung entgegen gesetzt werden – sowohl aus ideologischen wie auch aus wahltaktischen Gründen.
Diese zunehmende Diskriminierung der Agrarwelt ist besonders schlimm in einer Zeit, in der Hunderttausende von kleinen französischen bäuerlichen Familienbetrieben vom Bankrott bedroht sind, und wo, von unlösbaren Schwierigkeiten getrieben, sich im Durchschnitt ein Bauer pro Tag, das Leben nimmt. Filme, die kürzlich in Frankreich herausgekommen sind, veranschaulichen diese dramatische Situation (Au nom de la terre, Petit paysan). Der populäre Erfolg dieser Werke deutet darauf hin, dass die Anklage gegen die Bauern bei weitem nicht einstimmig ist.
In diesem Kontext demonstrierten die französischen Bauern am 27. November in mehreren Städten. In Paris blockierten zwischen 800 und 900 Traktoren den „périphérique“ (Ring-Autobahn), dann die Champs-Elysées, und streuten sogar Heu vor das sehr vornehme Restaurant Le Fouquet’s.
In Paris wie in Berlin prangerten die Demonstranten die Ungerechtigkeit an: einerseits werden immer mehr Zwänge durchgesetzt, anderseits werden landwirtschaftliche Erzeugnisse massiv importiert. Insbesondere die von der Europäischen Union unterzeichneten jüngsten Freihandelsabkommen, (mit Kanada, dem Mercosur…), wurden von den Protestierenden angegriffen.
Grundsätzlich haben die Bauern auf beiden Seiten des Rheins ein zentrales Anliegen: Sie wollen von ihrer Arbeit leben können.
Darüber hinaus hat ein zu Beginn des Jahres verabschiedetes Gesetz („Egalim“) zur Neugewichtung der Einkommen zwischen Produzenten, Lebensmittelindustrie und grossen Handelsketten bisher noch keine konkreten Ergebnisse gezeigt. Grundsätzlich haben die Bauern auf beiden Seiten des Rheins ein zentrales Anliegen: Sie wollen von ihrer Arbeit leben können.
Und sie wollen nicht als Sündenbock benutzt werden. Vor allem von denen nicht, die Petitionen zur « Rettung der Bienen » (wie in Bayern vor kurzem) in die Welt setzen, ein Slogan, der ihnen mehr am Herzen zu liegen scheint als die « Rettung der Bauern ».
Die gleiche Opposition entstand vor einigen Monaten in Frankreich, als die Regierung im Namen der Umwelt eine Kraftstoffsteuer einführen wollte. Dies hat zu einer Spaltung geführt zwischen denen, die sich um das « Ende der Welt » sorgen , und denen, die sich mehr um das « Ende des Monats » sorgen.
Und das war die Bewegung der Gelbwesten-..