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Von der Leyen und Borrell hämmern ein, « die EU muss lernen, die Sprache der Macht zu sprechen »

Von der Leyen et Borrell

Offensichtlich haben die beiden Politiker, die demnächst ihr Amt in Brüssel antreten, kriegerische, wenn nicht sogar imperialistische Absichten

Ursula von der Leyen wird ihr Amt als Präsidentin der Europäischen Kommission am 1. Dezember antreten – so ist es zumindest vorgesehen. Die ehemalige deutsche Verteidigungsministerin hat aber nicht gezögert, ihre kriegerischen Absichten schon im Voraus offen zu legen.

« Heute reicht Soft Power nicht mehr aus, wenn wir uns in der Welt als Europäer behaupten wollen » – Ursula Von der Leyen

In einer Rede, die sie am 8. November in Berlin anlässlich des dreißigsten Jahrestages des Mauerfalls hielt, benutzte sie scharfe Worte, die leider unbemerkt verhallten. Die zukünftige höchste Repräsentantin der EU ist der Meinung, « dass Europa lernen muss, die Sprache der Macht zu sprechen ». Und damit dies auch wirklich verstanden wurde, verdeutlichte sie: « Heute reicht Soft Power nicht mehr aus, wenn wir uns in der Welt als Europäer behaupten wollen ».

In dieser Tonlage war ihr der künftige Hohe Vertreter für die Außen- und Sicherheitspolitik der EU vorausgegangen. Josep Borrell hatte in seiner Anhörung vor den Europaabgeordneten am 7. Oktober das Terrain bereits mit scharfem Geschütz vorbereitet. Mit 72 Jahren hat der heutige Chef der spanischen Diplomatie eine lange Karriere hinter sich, die in der Spanischen Sozialistischen Partei (PSOE) begann und von vielen Ministerressorts (sowie einigen Skandalen) geprägt war. Von 2004 bis 2007 war er auch Präsident des Europaparlaments.

Standing ovation

Die Begeisterung seiner ehemaligen Kollegen – die ihn abschließend mit standing ovations feierten – wurde von ihm damit geweckt, dass er mit einer sehr scharfen Rede gegenüber Moskau begann, um dann im Weiteren seine Pläne darzulegen. Er bestand insbesondere darauf, dass von einer Aufhebung der Sanktionen keine Rede sein könne. Dies war für einen Mann, der vor einigen Monaten noch verkündet hatte, dass « Russland, unser alter Feind, wieder einmal zu einer Bedrohung geworden ist », nicht überraschend. Damals hatte dies allerdings zu einem diplomatischen Zwischenfall mit Moskau geführt.

Für die EU ist dies sicherlich keine 180-Grad-Wende, wurde doch die derzeitige Amtsinhaberin, die Italienerin Federica Mogherini, regelmäßig, insbesondere von den östlichen Mitgliedstaaten, verdächtigt, dem Kreml gegenüber zu nachsichtig zu sein. Sie freuen sich nun über die von ihrem Nachfolger eingeleitete Wende. Letzterer hat auch seine Absicht bekundet (wie viele andere vor ihm), die außenpolitische Entscheidungsfindung zu ändern: Seiner Meinung nach sollte sie nicht mehr dem Prinzip der Einstimmigkeit unterliegen. Eine solche Entwicklung ist in ihrer jetzigen Form eher unwahrscheinlich (sie erfordert die Zustimmung aller Regierungen), aber sie sagt dennoch viel über die Ambitionen der EU-Führungskräfte aus.

Und das nicht nur in Bezug auf Russland. Herr Borrell betonte immer wieder, dass die Union jetzt « lernen muss, die Sprache der Stärke zu benutzen », um sich als Macht in der Welt zu behaupten. Dazu sei es notwendig, ihre militärischen Fähigkeiten zu stärken, insbesondere die Wiederbelebung der « battle groups » in Angriff zu nehmen. Diese multinationalen Bataillone waren 2004 gegründet worden, aber nie zum Einsatz gekommen. Die Perspektive ist zwar kurzfristig nicht realistisch, da die Interessen und Strategien der Mitgliedstaaten zu unterschiedlich sind, aber ihre Erwähnung zeigt die Richtung an. Zumal Herr Borrell es nicht versäumt hat, darauf hinzuweisen, dass all dies tatsächlich aus dem als « Europäische Friedensfazilität » bekannten Fonds finanziert werden kann, d.h. mit 10,5 Milliarden Euro. Die « Europäische Friedensfazilität » ist ein « ausserbudgetärer EU-Fonds für die Friedensförderung und die Stärkung der internationalen Sicherheit ». Orwell lässt grüssen.

Für Herrn Borrell hängt die Glaubwürdigkeit der EU von ihrer Fähigkeit ab, der Ukraine gegen den « russischen Expansionismus » zu helfen

Für Herrn Borrell hängt die Glaubwürdigkeit der EU in erster Linie von ihrer Fähigkeit ab, einerseits der Ukraine gegen den « russischen Expansionismus » zu helfen, andererseits auch dem Balkan, den er als « Priorität für unsere Außenpolitik » darstellte. Der zukünftige Leiter der europäischen Diplomatie hat daher angekündigt, dass er seine erste offizielle Reise in den Kosovo antreten wird. Dies ist umso bemerkenswerter, als Spanien eines der wenigen EU-Länder ist, das die Unabhängigkeit dieser Provinz nicht anerkannt hat. Der Kosovo hatte sich dank der Bombardements der NATO – an denen sich die europäischen Länder beteiligt hatten, – im Jahr 1999 von Serbien getrennt. Madrid zögert in der Tat, die Unabhängigkeit anzuerkennen, weil es selbst mit den katalanischen separatistischen Forderungen konfrontiert ist. Aber die Versuchung eines « starken Europa » hat oberste Priorität…. Auf jeden Fall erinnert diese Priorität, die der künftige Hohe Vertreter dem vor zwanzig Jahren von Bernard Kouchner formulierten Satz einräumt, wonach « Europa in Pristina » (der Hauptstadt des Kosovo) beginnt, daran, dass eine echte europäische Integration offensichtlich nur auf Krieg basieren kann.

Eine Chance für Europa

Sehr wortreich sprach der spanische Politiker auch über die Migration: « Der Druck der afrikanischen Jugend stellt eine Chance für Europa dar », sagte er. Sprich: für europäische Unternehmer. Böse Geister wird dieser Appetit auf Globalisierung an einen Satz erinnern, den er vor einem Jahr vor Studenten geäussert hatte. Da hatte er sich über die Schwierigkeiten bei der Vereinigung Europas beklagt, und daran erinnert, wie problemlos sich doch die Vereinigten Staaten, gebildet hätten – « es reichte ihnen, ein paar Indianer zu töten », hatte er lachend gesagt…. Später entschuldigte er sich dafür und es wurde ihm auch schnell vergeben, da diese faszinierende historische Analyse ja nicht von einem « populistischen » oder rechtsextremen Führer kam.

Insbesondere war es Herrn Borrell wichtig, seinen Hass auf den « Nationalismus » deutlich zu machen, indem er betonte, dass er Grenzen hasse. Diese abschließende Aussage ist nicht ohne Bedeutung. Denn ein politisches Gebilde, das keine Grenzen kennt, bedeutet exakt: ein Imperium.

Das verdiente wirklich eine standing ovation.

 

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