Es ist wahrscheinlich noch zu früh, um alle Gründe zu erkennen, die den amerikanischen Präsident dazu veranlasst haben, die Ermordung eines von den Iranern als Held betrachteten Generals und seines irakischen Stellvertreters anzuordnen. Es ist jedoch möglich, auf einen spektakulären Kontrast hinzuweisen.
Einerseits ein militärischer Angriff von außergewöhnlicher Schwere, sowohl politisch als auch juristisch. Um dies zu messen, reicht es beispielsweise aus, sich vorzustellen, dass Wladimir Putin den ranghöchsten ukrainischen Offizier an der Ostfront, auf dem Boden eines engen Verbündeten von Kiew, liquidieren gelassen hätte. Oder dass der iranische Supreme Guide zu der Eliminierung des berühmtesten amerikanischen Generals auf britischem Territorium sich stolz bekannt hätte.
Man wagt es kaum, sich die kriegerischen Tiraden, die Geräusche von Stiefeln und Schwertern vorzustellen, ganz zu schweigen von den apokalyptischen Sanktionen, die den Planeten in kürzerer Zeit erwärmt hätten, als es für einen rachsüchtigen Tweet nötig ist.
Der einfache diplomatische Begriff « Verurteilung » (der in vielen anderen Fällen so üblich ist) kam natürlich aus keinem Brüsseler Mund
Andererseits waren die Reaktionen der europäischen Hauptstätden, und der höchsten EU-Politikern, nach der vom Weißen Haus angeordneten Razzia, bemerkenswert mäßig, sogar nachsichtig. Unnötig zu sagen, dass der einfache diplomatische Begriff « Verurteilung » (der in vielen anderen Fällen so üblich ist) natürlich aus keinem Brüsseler Mund kam. Nur wurden zu hören die Worte « Sorge » und « Besorgnis ».
Besser noch: Die « Aufrufe zur Zurückhaltung » wurden « an beide Seiten » gerichtet, bevor die Mahnungen zur « Mäßigung » schließlich ausschließlich nach Teheran umgeleitet wurden, sobald der Iran angedeutet hat, dass er ein solches Verbrechen nicht ungestraft lassen wird.
Und als Donald Trump zweimal hämmerte, dass er nicht zögern würde, persische Kulturstätten zu bombardieren, antwortete die Europäische Kommission, als sie von Journalisten befragt wurde, dass sie « keinen Kommentar » abzugeben habe. (Der Sprecher des britischen Premierministers seinerseits erinnerte daran, dass es sich dabei um « Kriegsverbrechen » handeln würde; danks der Nähe des Brexits fühlte sich Boris Johnson offensichtlich frei, das Schweigen Brüssels zu übergehen).
Die Haltung der EU wird im Übrigen nicht überraschen. Ihre Verbundenheit mit dem westlichen Lager ist genetisch bedingt. Und die brüsselerische Verurteilung der US-Kommandos zu erwarten war so realistisch wie die Vorstellung, dass die NATO ihre Elitetruppen mobilisieren würde, um den Arm Washingtons zu behindern…
Irans Besonnenheit
Zu diesem Zeitpunkt musste jeder feststellen, dass die iranische Reaktion von großem Besonnenheit war. Sogar so sehr, dass man, wenn man einigen Abgeordneten und Mainstream-Medien zuhört, fast eine heimliche Enttäuschung erahnen kann… Dieselben Leute sprachen am Tag zuvor von der Gefahr einer « Spirale ». Ein Begriff, der nicht falsch ist, der aber die jeweiligen Verantwortungen unklar lässt.
Es ist daran zu erinnern, dass die Spannungen zwischen Washington und Teheran zunächst durch die US einseitige Kündigung des Abkommens mit dem Iran im Mai 2018 wiederbelebt wurden, das darauf abzielte, die Produktion von (ziviler) Kernenergie durch dieses Land zu begrenzen (ein Abkommen, das man im Übrigen nicht bewundern muss, da es der Islamischen Republik unrechtmäßige Beschränkungen auferlegt).
Man kann sich die Rolle der amerikanischen (und britischen) Führer beim Sturz des Premierministers Mohammad Mossadegh im Jahr 1953 in Erinnerung rufen
Und wenn man auf ältere Quellen zurückgreifen will, muss man sich die – längst bekannte – Rolle der amerikanischen (und britischen) Führer beim Sturz des fortschrittlichen und nationalistischen Premierministers Mohammad Mossadegh im Jahr 1953 in Erinnerung rufen; es handelte sich schon darum, die westliche Vorherrschaft in diesem ölreichen Schlüsselland des Nahen Ostens aufrechtzuerhalten.
Die Folgen der Ermordung von General Soleimani sind vorerst nicht gerade zum strategischen Vorteil der Vereinigten Staaten.
Die Iraner, sowohl regierungsfreundlich als auch regierungsfeindlich, fanden sich millionenfach hinter den Behörden vereint, um das amerikanische Verbrechen anzuprangern, obwohl einige Wochen zuvor hart unterdrückten Anti-Regierungsdemonstrationen stattgefunden hatten.
Im Irak werden diejenigen, die den iranischen Einfluss im Land in Frage stellten – ein Bestandteil der jüngsten Protestbewegung – marginalisiert.
Die Tendenz der Ölpreise wurde nach oben orientiert, was von den ölproduzierenden Ländern, einschließlich Russland (und Venezuela), nur begrüßt werden kann. Aber das tut dem amerikanischen Präsident und Kandidat nicht viel Gutes, dessen Wähler die Aussicht auf höhere Treibstoffpreise wahrscheinlich kaum schätzen.
Die letztendliche Folge dieser geostrategischen Umwälzungen ist schliesslich, dass Greta Thunberg aus den Schlagzeilen verschwunden ist.
Leider nur vorübergehend.